
Tag der Verkehrswissenschaft 2025
Mobilität im ländlichen Raum
Am 28. Januar 2025 fand in der Vertretung des Saarlandes beim Bund in Berlin der 3. Tag der Verkehrswissenschaft statt. Die Veranstaltung stand unter dem Motto „Lebenswerte ländliche Räume durch innovative Mobilität“ und widmete sich den besonderen Herausforderungen und Lösungen für die Mobilität in ländlichen Regionen. Organisiert von der Deutschen Verkehrswissenschaftlichen Gesellschaft (DVWG), brachte das Event Expert:innen aus Wissenschaft, Politik und Praxis zusammen, um nachhaltige Konzepte zu diskutieren und neue Forschungserkenntnisse zu präsentieren.
Herausforderungen und Schwerpunkte
Etwa 36 % der deutschen Bevölkerung lebt in ländlichen Regionen, die 80 % der Gesamtfläche Deutschlands ausmachen. Dort sind Menschen auf funktionierende Mobilitätsangebote angewiesen, doch die Infrastruktur ist oft unzureichend. Lange Wege, sinkende Einwohnerzahlen und der Rückgang klassischer ÖPNV-Angebote stellen große Herausforderungen dar. Die Diskussionen des Tages konzentrierten sich daher auf folgende Kernfragen:
- Wie können öffentliche Verkehrsmittel im ländlichen Raum attraktiver und zuverlässiger gestaltet werden?
- Welche innovativen Mobilitätslösungen sind praxistauglich und nachhaltig?
- Welche politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen braucht es für eine erfolgreiche Mobilitätswende?
- Wie können digitale Technologien und neue Verkehrskonzepte eine bessere Anbindung gewährleisten?
Eröffnung und politische Impulse
In ihrer Eröffnungsrede betonte Ministerin Petra Berg (Saarland) die Notwendigkeit gleichwertiger Mobilitätsverhältnisse zwischen Stadt und Land. Prof. Dr. Jan Ninnemann (DVWG e. V.) unterstrich die enge Verbindung zwischen Mobilität, gesellschaftlicher Teilhabe und wirtschaftlicher Entwicklung. Prof. Dr. Christine Eisenmann (BTU Cottbus-Senftenberg) moderierte die Veranstaltung und machte deutlich, dass Mobilität im ländlichen Raum als interdisziplinäre Herausforderung betrachtet werden muss.
Das politische Panel setzte sich mit den notwendigen Rahmenbedingungen auseinander. Ministerin Petra Berg, Rainer Genilke (Brandenburg), sowie die Landräte Patrik Lauer (Saarlouis) und Udo Recktenwald (St. Wendel) diskutierten die Verantwortung der Politik für nachhaltige Mobilitätslösungen. Einig war man sich darüber, dass es stärkere Förderprogramme für den ÖPNV, neue Anreizsysteme und eine bessere Verzahnung von Verkehrsträgern braucht.
Innovative Ansätze für den öffentlichen Verkehr
Ein zentrales Thema war die Zukunft des öffentlichen Verkehrs im ländlichen Raum. In mehreren Impulsvorträgen wurden vielversprechende Lösungsansätze vorgestellt:
- Alexander Möller (VDV) forderte eine verlässlichere Finanzierung des ÖPNV und den Ausbau flexibler Verkehrsangebote.
- Ralf Nachbar (RMV/rms) zeigte, wie sich multimodale Verkehrsstrategien in ländlichen Gebieten erfolgreich umsetzen lassen.
- Marie Dornoff (DB Regio) und Dr. Christian Ramelli (Saarland-Ministerium) präsentierten das Saarland als Modellregion für integrierte Mobilität, in der Bahn, Bus, On-Demand-Angebote und Sharing-Dienste kombiniert werden.
Ein Fazit: Der klassische Linienverkehr stößt im ländlichen Raum oft an seine Grenzen. Stattdessen braucht es flexible, bedarfsgerechte Systeme wie Rufbusse, digitale Buchungssysteme und Sharing-Modelle.
Besonderes Interesse galt den innovativen Forschungsprojekten, die in der Young Speaker Session vorgestellt wurden:
- Lukas Hösch (DLR) präsentierte ein Konzept für ein reisendenzentriertes Störungsmanagement im multimodalen ÖPNV.
- Sebastian Knöchel (Universität Freiburg) zeigte, wie Carsharing-Modelle für den ländlichen Raum angepasst werden können.
- Dana Stolte (ReLUT Frankfurt UAS) analysierte die verschiedenen Nutzergruppen im Ausflugsradverkehr.
- Sebastian Winkelheide (RWTH Aachen) stellte das Aachener Rail Shuttle als Modell für eine bessere Schienenanbindung vor.
Diese Beiträge machten deutlich, dass Wissenschaft und Praxis gemeinsam daran arbeiten, innovative Lösungen zu entwickeln, die nicht nur wirtschaftlich tragfähig, sondern auch ökologisch nachhaltig sind.
Wissenschaftliche Erkenntnisse und neue Forschungsansätze
Im wissenschaftlichen Panel wurden verschiedene Forschungsperspektiven zur Mobilität im ländlichen Raum vorgestellt. Dr. Antje-Mareike Dietrich (WVI Verkehrsforschung), Miriam Dross (Umweltbundesamt), Prof. Dr. Jeanette Klemmer (FH Münster) und Melanie Schade (BBSR) diskutierten mit dem Publikum über die Herausforderungen und Potenziale neuer Mobilitätskonzepte. Besonders im Fokus standen Fragen zur besseren Bedarfsanalyse, zur Integration ökologischer Nachhaltigkeit sowie zur Bedeutung sozialer und infrastruktureller Aspekte. Die angeregte Diskussion zeigte, dass die enge Verzahnung von Verkehrsplanung, Nachhaltigkeit und Raumordnung für eine erfolgreiche Mobilitätswende entscheidend ist.
Fazit und Ausblick
Die Veranstaltung zeigte klar: Eine nachhaltige Mobilitätswende im ländlichen Raum ist möglich – sie erfordert aber innovative Konzepte, politische Unterstützung und interdisziplinäre Zusammenarbeit. Besonders wichtig sind:
- Neue Finanzierungsmodelle für den ÖPNV, um diesen langfristig tragfähig zu machen.
- Mehr Flexibilität und Digitalisierung, um bedarfsgerechte Verkehrslösungen zu schaffen.
- Stärkere Integration verschiedener Mobilitätsangebote, um eine ganzheitliche Erreichbarkeit sicherzustellen.
- Eine stärkere wissenschaftliche Begleitung, um die Effizienz neuer Konzepte messbar zu machen.
Beim abschließenden Speaker Corner tauschten sich die Teilnehmenden über zukünftige Projekte und Kooperationen aus. Es wurde deutlich, dass der interdisziplinäre Austausch weitergeführt werden muss, um Mobilitätskonzepte im ländlichen Raum nachhaltig zu verbessern.
Die DVWG wird die Diskussionen des Tages weiterverfolgen und auch in Zukunft wissenschaftliche und praxisnahe Lösungen für ländliche Mobilität u. a. im Rahmen von Veranstaltungen in den Fokus zu stellen.
Präsentationen
Bitte beachten Sie, dass die Nutzungsrechte bei den Vortragenden verbleiben und die Dateien ausschließlich zum persönlichen Nachlesen gedacht sind. Eine weitergehende Veröffentlichung oder Verbreitung ist untersagt.
-
Dana_Stolte_Eine_Typologie_des_Ausflugsradverkerhs.pdf (2 MB)
-
Lukas_Hoesch_Konzept_fuer_reisenden-zentriertes_Stoerungsmanagement_in_multimodalen_OEPNV_Net.pdf (2 MB)
-
Marie_Dornoff_Christian_Ramelli_Projektvorstellung_Modellregion_Saarland.pdf (5 MB)
-
Ralf_Nachbar_Effektive_Mobilitaetsstrategien_fuer_den_laendlichen_Raum.pdf (2 MB)
-
Sebastian_Knoechel_Carsharing_fuer_den_laendlichen_Raum.pdf (2 MB)
-
Sebastian Winkelheide_Erforschung von Schienenverkehr im ländlichen Raum mit dem Aachener Rail Shuttle (5 MB)
Programm
Gesamtmoderation Prof. Dr. Christine Eisenmann | BTU Cottbus-Senftenberg
13:00 Eröffnung (30 Minuten)
Der Tag beginnt mit einer feierlichen Eröffnung, in der die aktuellen Herausforderungen und Chancen für die Mobilität im ländlichen Raum thematisiert werden. Dies bildet die Grundlage für eine spannende und zukunftsorientierte Diskussion.
- Ministerin Petra Berg | Ministerium für Umwelt, Klima, Mobilität, Agrar und Verbraucherschutz Saarland
- Prof. Dr. Christine Eisenmann | BTU Cottbus-Senftenberg
- Prof. Dr. Jan Ninnemann | DVWG e. V.
13:30 Politisches Panel (45 Minuten)
In dieser Runde kommen politische Entscheidungsträger:innen zusammen, um über die politischen Rahmenbedingungen und die notwendige Unterstützung für eine zukunftsfähige Mobilität im ländlichen Raum zu sprechen. Eine spannende Diskussion über die Rolle der Politik und die Gestaltung von Mobilitätsstrategien erwartet Sie. Moderation Prof. Dr. Jan Ninnemann | DVWG e. V.
- Ministerin Petra Berg | Ministerium für Umwelt, Klima, Mobilität, Agrar und Verbraucherschutz Saarland
- Rainer Genilke I Vizepräsident des Landtages Brandenburg und Minister a. D. für Infrastruktur und Landessplanung des Landes Brandenburg
- Landrat Patrik Lauer | Landkreis Saarlouis
- Landrat Udo Recktenwald | Landkreis St. Wendel
14:45 Öffentlicher Verkehr im ländlichen Raum (45 Minuten)
Im Anschluss werden verschiedene Ansätze und Lösungsansätze für den öffentlichen Verkehr im ländlichen Raum vorgestellt. Vertreter:innen aus der Praxis, darunter Verkehrsverbünde und regionale Anbieter, diskutieren die Herausforderungen und Potenziale für eine nachhaltige Verkehrsgestaltung.
- Impuls „ÖPNV braucht Verlässlichkeit - Blick in die Werkstatt der öffentlichen Mobilität im Ländlichen Raum“ von Alexander Möller | Verband Deutscher Verkehrsunternehmen e. V. (VDV)
- Impuls: „Effektive Mobilitätsstrategien für den ländlichen Raum: Wie RMV und rms den ÖPNV im ländlichen Raum stärken“ von Ralf Nachbar I Rhein-Main-Verkehrsverbund Servicegesellschaft mbH
- Impuls: „Saarland – Modellregion für integrierte Mobilität“ von Marie Dornoff | DB Regio und Dr. Christian Ramelli | Ministerium für Umwelt, Klima, Mobilität, Agrar und Verbraucherschutz des Saarlandes
16:00 Young Speaker (60 Minuten)
In dieser Session präsentieren junge Wissenschaftler:innen ihre neuesten Forschungsergebnisse und innovativen Ideen für eine nachhaltige Mobilität.
- Konzept für reisenden-zentriertes Störungsmanagement in multimodalen ÖPNV Netzen von Lukas Hösch I DLR - Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt
- Carsharing für den ländlichen Raum von Sebastian Knöchel I Universität Freiburg
- Von entspannten Touren bis zu ambitionierten Fahrten: Eine Typologie des Ausflugsradverkehrs von Dana Stolte I Research Lab for Urban Transport (ReLUT) der Frankfurt University of Applied Sciences
- Erforschung von Schienenverkehr im ländlichen Raum mit dem Aachener Rail Shuttle von Sebastian Winkelheide I RWTH Aachen University
17:00 Wissenschaftliches Panel (60 Minuten)
Wissenschaftliche Expert:innen geben einen tiefen Einblick in verschiedene Themenbereiche wie Verkehrsplanung, nachhaltige Mobilität und Elektromobilität im ländlichen Raum. Diskutiert werden praxisnahe Lösungen und die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse zu diesem wichtigen Thema. Moderation Dr. Martin Kagerbauer | Karlsruher Institut für Technologie (KIT).
- Dr. Antje-Mareike Dietrich | WVI Prof. Dr. Wermuth Verkehrsforschung und Infrastrukturplanung GmbH
- Miriam Dross | Umweltbundesamt
- Prof. Dr. Jeanette Klemmer | Fachhochschule Münster
- Melanie Schade | Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR)
18:00 Ausklang & Speaker Corner (90 Minuten)
Der Tag endet mit einer offenen Gesprächsrunde, in der Sie die Möglichkeit haben, direkt mit den Referent:innen und anderen Teilnehmenden in den Dialog zu treten und Netzwerke zu erweitern. Nutzen Sie die Gelegenheit, Ideen auszutauschen und neue Kooperationen zu knüpfen.